keine Hilfe in Sicht

Erfolgreiche Therapien wurden abgesetzt…

In Gießen und Hamburg wurden Patienten mit der Variante D313Y per Telefon bzw. per Mail informiert, dass sie ab sofort keine Therapie mehr erhalten. Es ist kein Fabry mehr. Die Patienten haben nach dem Ende der Behandlung auch relativ schnell gesundheitliche Probleme bekommen, eine Patientin war bereits in der Notaufnahme….

Wir kämpfen schon lange um die Anerkennung der „umstrittenen“ Varianten, aber dass jetzt erfolgreiche Therapien abgebrochen werden, ist das schlimmste was passieren konnte.

Aber wir geben nicht auf!

Fabry-Selbsthilfegruppe (MFSH) beim FIN-Meeting in Amsterdam zum Thema D313Y

Natascha und Berthold von der MFSH waren bei Treffen der FIN in Amsterdam. FIN=Fabry International Network, ein Zusammenschluß von Fabry-Selbsthilfegruppen aus der ganzen Welt.

Die Vorstellung der Recherchearbeit zum Thema „umstrittene Varianten“ bzw. D313Y war der Höhepunkt. Die Arbeit konnte Patienten und Wissenschaftlern aus aller Welt präsentiert werden.

Die Präsentation und Patientengeschichten, die in Amsterdam gezeigt wurden, können bei der MFSH heruntergeladen werden.

Info zum GLA-Gentest bei Morbus Fabry

WICHTIG für alle, die in den letzten Jahren genetisch auf Morbus Fabry untersucht wurden!

Der Laborbefund ist möglicherweise unvollständig und es könnte sein, dass eine Variante vorliegt aber nicht berichtet wurde.

Es werden nur noch pathogene/krank machende Varianten im Befund mitgeteilt!

Die willkürliche Einstufung von Varianten als benign/ gutartig durch die Labore führt dazu, dass diese nicht mehr mitgeteilt werden. Im Befund steht lediglich: 

  • NEGATIVER BEFUND
  • Es wurde keine klinisch relevante Variante nachgewiesen oder
  • Keine pathogene Variante gefunden

Ein genauer Zeitpunkt für diese Vorgehensweise lässt sich nicht ermitteln, da dies einige Labore bereits vor dem Beschluss der GEKO praktiziert haben. Hier haben sich die kostenlos angebotenen Tests der Pharmaindustrie besonders negativ hervorgehoben.

Hintergrund: Die Gendiagnostikkommission hat beschlossen, dass Labore nur noch krank machende und wahrscheinlich krank machende Varianten im Befund mitteilen sollen. Varianten unklarer Signifikanz können im Befund erwähnt werden. Gutartige und wahrscheinlich gutartige Varianten sollen nicht mehr mitgeteilt werden.

Es gibt fünf Einstufungen hinsichtlich der Pathogenität von Mutationen/Varianten:

  • pathogenic- pathogen (krank machend)
  • likely pathogenic- wahrscheinlich pathogen (krank machend)
  • uncertain significance- unklare Bedeutung
  • likely benign – wahrscheinlich gutartig
  • benign- gutartig

Weitere Infos unter:

Nicht behandelte Patienten werden in den Suizid getrieben

In Deutschland hat sich der Streit um die „umstrittenen“ Varianten von Morbus Fabry (einer Multiorganerkrankung) weiter zugespitzt. Erneut wurde einigen Patienten die Therapie entzogen. Sie waren über viele Jahre in Behandlung und spürten eine deutliche Verbesserunge ihrer Symptome. Im Vordergrund stehen dabei vernichtende Schmerzen, die mit einer üblichen Schmerztherapie nicht in den Griff zu bekommen sind. Auch bei Kindern wurde die Behandlung eingestellt, obwohl sie deutlich davon profitiert haben. Ein Kind wurde bereits seit dem 4 Lebensjahr und über einen Zeitraum von 7 Jahren behandelt. Ein anderes Kind steht jetzt kurz vor dem Abitur. Auch Patienten deren Gendefekt bei einem Schlaganfall diagnostiziert wurde sind betroffen.

Bei den ersten Patienten, deren Behandlung eingestellt wurde, zeigt sich bereits eine Verschlimmerung der Symptome. Diese sind nun verzweifelt, weil sie erlebt haben, dass die Therapie ihre Symptome deutlich verbessert hat und weil sie nun keine Möglichkeit sehen weiterhin eine Therapie zu erhalten. Eltern stehen vor der unlösbaren Aufgabe ihren Kindern zu erklären, warum sie keine Therapie mehr erhalten.

Viele von den Betroffenen können sich ein Leben ohne die Therapie nicht mehr vorstellen und sprechen dies deutlich aus. Manche sind bereits einer Sterbehilfe-Organisation beigetreten.

Patienten, die noch therapiert werden, leben mit der ständigen Angst, dass auch ihre Therapie beendet wird und müssen hilflos mit ansehen, wie die anderen von der Therapie genommen werden oder erst gar keine mehr erhalten.

Dass diese „umstrittenen“ Varianten nicht krank machen, wird immer wieder von diversen Wissenschaftlern behauptet, auch von einem Placebo-Effekt ist die Rede. Es gibt aber auch andere Wissenschaftler, die eine krankmachende Wirkung der Varianten nachgewiesen haben. Weil die Experten nicht einig sind, wird die Diskussion nun auf dem Rücken der Patienten ausgetragen.

Dass die Therapie hilft steht außer Frage, die Medikamente wirken gezielt nur auf Fabry, es ist keine zufällige Wirkung bei anderen Erkrankungen bekannt.

Die Behauptung, dass diese „umstrittenen“ GLA-Gen-Varianten kein Fabry verursachen ist einfach falsch! Unsere Angaben können wir dagegen alle belegen.

Fabry als lysosomale Speichererkrankung, steckt womöglich mehr dahinter?

Ja! Zumindest bei einem gewissen Anteil der Patienten.

Es wird ja immer von einem Enzymmangel gesprochen, der zu Ablagerungen in den Zellen führt und dann die Fehlfunktionen auslöst. Bei vielen Missense-Varianten (d.h. in der DNA ist irgenwo auf dem GLA-Gen eine Aminosäure verändert) gibt es eine Restaktivität des Enzymes. Dennoch sind die Patienten oft auch schwer betroffen. Hier kommt ein weiterer Mechanismus zum Tragen: ER-Stress bzw. Unfolded Protein Response (UPR).

Kurze Erläuerung dazu: Durch die Variante wird zwar das Enzym gebildet, aber es ist z.T. fehlerhaft. Jetzt springt eine Art „Qualitätssicherung“ in der Zelle an. Das fehlerhafte Enzym wird „repariert“. Das ist ein normaler Vorgang in den Zellen, da immer wieder kleinere Fehler passieren können. Durch die Variante wird aber das Enzym permanent falsch gebildet und die Fehlerkorrektur ist überlastet. Das ist der ER-Stress, der zu Fehlfunktionen einer Zelle führen kann oder auch den Zelltod herbeiführt.

Die Caperone-Therapie „repariert“ das falsche Enzym ebenfalls und entlastet die Zelle. Hier wäre eine Enzymersatztherapie weniger wirksam.

Dieser Mechanismus wurde schon länger nachgewiesen, auch für einige der umstrittenen Varianten. Doch wird diese Erklärung nicht von allen Wissenschaftlern akzeptiert, weil sie den eigenen Publikationen entgegen steht.

Leidtragende sind wieder wir Patienten, uns wird dann keine oder eine weniger wirksame Therapie verordnet.

Gentest, was und wie wird eigentlich getestet…

Bei Fabry und vielen anderen Krankheiten wird mit einem Gentest festgestellt, ob es in der DNA (im Erbgut) Veränderungen gibt, die eine Krankheit verursachen können.

Seit einiger Zeit gibt es dafür das „Next Generation Sequencing“, d.h. es wird die tatsächliche Abfolge der Informationen auf einem Gen ermittelt. Früher konnte man das noch nicht und es wurden spezielle Tests erstellt, die auf ganz spezielle Gen-Abschnitte angesetzt worden sind (z.B. MLPA-Analyse) Damit kann aber nur ein Teil der Veränderungen nachgewiesen werden (nur Deletionen und Duplikationen). Da bei Fabry die meisten bisher bekannten Mutationen Missense-Mutationen sind (Austausch eines Basenpaares in der DNA) kann dieser einfache Test Fabry meist nicht nachweisen.

Eine komplette Analyse läßt sich nur mittels „Next Generation Sequencing“ (Kurz: NGS) durchführen. Dabei muß darauf geachtet werden, daß auch intronische Bereische analysiert werden, Details dazu haben wir bereits hier beschrieben.
Einen Überblick über verschiedene Test-Verfahren kann man hier nachlesen.

Leider gibt es auch hier Informationsdefizite. Uns liegt ein negativer Fabry-Gentest vor, der nur auf einer einfachen MLPA-Analyse beruht und daher nahezu keine Aussagekraft hat. In den Informationen zu dem verwendeten Test sind die Einschränkungen deutlich erklärt, dennoch war für den untersuchenden Genetiker an der Stelle Fabry ausgeschlossen. Das ist wieder ein Puzzleteil, warum die Diagnose von seltenen Erkrankungen so lange dauert. Es werden von sogar von Fachleuten falsche Werkzeuge benutzt und so falsche Diagnosen erstellt.

Für Fabry-Gentest stellt die Selbsthilfegruppe MFSH weiterwe Informationen zur Verfügung (für Patienten in Deutschland)

Was sind intronische Mutationen/Varianten und warum machen sie auch krank

Uns kontaktieren immer wieder Patienten mit Fabry assoziierten Beschwerden in deren Genetik Intronische Mutationen zu finden sind. Daher möchten wir unsere/eure Aufmerksamkeit auch wieder den Intronischen Varianten widmen:

Ein noch breiteres Thema sind intronische Mutationen. Wenn man die Fabry-Experten fragt, erklären diese meistens, daß intronische Mutationen gar nichts machen können, da in den Introns ja gar keine Informationen vorliegen. So einfach und so falsch ist die Antwort.

Wer die Details nachlesen möchte und Zugriff auf Pubmed hat: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/28497172/ („Deep intronic mutations and human disease“, Direkt bei Springer: https://link.springer.com/article/10.1007/s00439-017-1809-4, Human Genetics volume 136, pages 1093–1111; 2017)

Kurz und stark vereinfacht: in den Introns liegen zum einen auch regulatorische Informationen, die Einfluß auf die Enzymproduktion haben. Zum anderen wird zwischen den Introns und Exons anhand von bestimmten Abfolgen der DNA-Sequenz bestimmt. Wenn durch Mutation im Intron ein neuer Exon-Start erzeugt wird, dann wird das Gen falsch abgelesen (auch wenn die „originalem“ Exons alle korrekt sind).

Leider wird bei den meisten Gen-Tests gar nicht auf intronische Mutationen geachtet, diese Bereiche werden gar nicht analysiert. Doch spätestens, wenn Lyso-GB3-Werte oder Enzymaktivität abnormal sind, muß man nach der Ursache forschen, die kann dann durchaus im Intron liegen.

Siehe auch der Artikel zu intronischen Mutationen auf unserer Webseite.

Studienlage: woher kommt der „Nachweis“ der Apathogenität von D313Y und anderen umstrittenen Mutationen

Verschiedene Veröffentlichungen versuchen die Apathogenität der umstrittenen Mutationen nachzuweisen. Einige davon beschreiben eher Einzelfälle und sind daher statistisch nicht belastbar. Andere beziehen sich bei der Aussage auf vorhergehende Veröffentlichungen. Wenn man jetzt mal die Quellenangabe verfolgt, woher die ursprünglichen Aussagen mit Belegen kommen, findet man sehr oft zwei Studien aus dem Jahr 2003:

  • Yasuda: „Fabry disease: characterization of alpha-galactosidase A double mutations and the D313Y plasma enzyme pseudodeficiency allele“
  • Froissart: „Fabry disease: D313Y is an alpha-galactosidase A sequence variant that causes pseudodeficient activity in plasma“

Beide Autoren haben eng zusammengearbeitet, d.h. die Studien sind nicht unabhängig! Die Studien weisen veränderte biochemische und physikalische Eigenschaften des modifizierten Enzyms nach. Sie gehen danach aber davon aus, daß diese Veränderungen keinen Effekt auf Zellebene haben. Aber bereits in dieser Studie werden gestörte Abläufe in den Zellen nachgewiesen, die später in Studien zu einer anderen umstrittenen Mutationen weiter untersucht wurden. Dort wurde gezeigt, daß diese Veränderungen zu sogenannten ER-Streß führen (ER=Endoplasmatisches Retikulum). Dieser ER-Streß ist ursächlich für Fehlfunktion der Zelle bis hin zum Zelltod. (siehe auch Unfolded Protein Response) D.h. die Aussagen zur Apathogenität sind oft nicht belastbar oder auch falsch.

Zum ER-Streß haben wir mehr in unserem Blog-EIntrag erklärt:
Fabry als lysosomale Speichererkrankung, steckt womöglich mehr dahinter
(Quelle u.a.: https://doi.org/10.1101/2022.09.27.509714)

Daher schreiben auch die meisten Autoren noch den Zusatz, daß aufgrund der geringen Fallzahl und verschiedener offener Fragen die Apathogenität nicht unbedingt nachgewiesen werden kann und weitere Forschungen nötig sind.

Notwendige Forschungen, die durch das absichtliche Ausfiltern der umstrittenen Mutationen im Genlabor unmöglich gemacht werden.

Beispiel:
Auch eine Veröffentlichung aus 2020 bezieht sich auf diese beiden Studien um die Apathogenität nachzuweisen.

In dieser Veröffentlichung („An expert consensus document on the management of cardiovascular manifestations of Fabry disease“, Linhart et al. 2020) wurde geschrieben: „As a cautionary example, the p.Asp313Tyr change results in a serum pseudodeficiency of AGAL-A activity and is not disease-causing. Similarly, a number of GLA variants previously thought to be disease-causing (e.g. p.Arg118Cys) have been shown to be of uncertain significance or likely benign. “ (Danach folgt eine Quellenangabe)

Wir haben die Quellen soweit zurückverfolgt, bis wir zur Originalquelle vorgedrungen waren:

In der Datenbank Varsome wiederum werden die Studie von Yasuda als Quelle benannt, um die Pathogenität nachzuweisen.